Reisebericht „Gardasee“ Teil 2 – Cascata della Varone – Madonna di Montecastello – Monte Baldo – Torri del Benaco – Malcésine

Teil 2 des Reiseberichts vom Gardasee        (Teil 1 finden Sie hier)


Mit dem 50-fach Zoom der Kamera begebe ich mich während des morgendlichen Seebads auf Entdeckungsreise am gegenüberliegenden Westufer. Das hatte ich auf meiner Reiseplanung ausgespart, da die Wege mit dem Auto zwangsläufig über das Nord- oder Südufer des Gardasees führen und lange Autofahrten bedeuten würden. Doch gerade das Unbekannte reizt oft umso mehr, sodass wir uns spontan entscheiden, die Kirche Santuario della Madonna di Montecastello zu besichtigen. Vor allem, da man sie von unserer Ferienwohnung sowie dem Ufer sehen kann. Abends schmieden wir einen Plan: Mit dem PKW nach Malcésine – Übersetzen mit den Fähre nach Limone – Weiterfahrt zum Montecastello nähe Gardola – danach wieder übersetzen mit der Fähre von Toscalano-Maderno nach Torri del Benaco.
Ein guter Plan, doch nicht bis ins letzte Detail bedacht: Bereits an der ersten Station in Malcésine stellen wir fest, dass wir genau in der Mittagszeit liegen, zu der zwei Stunden lang kein Fährverkehr stattfindet. Kurzerhand improvisieren und aktualisieren wir den Tagesausflug und fahren weiter in den Norden über Riva nach Varone. Dort besichtigen wir den Parco Grotta Cascata del Varone, der mit einem kleinen botanischen Garten, aber vor allem mit einem imposanten und wilden Wasserfall sowie einer Grotte beeindruckt. Gesehen hat man alles sehr zügig, weshalb man den Aufenthalt im kühlenden Sprühregen des Wasserfalls am besten einige Zeit lang genießt.
Von Varone fahren wir auf der Gardesane Occidentale am Westufer weiter. Dabei passieren wir Limone. Da die Zeit bereits ziemlich vorangeschritten ist, verzichten wir auf eine Stadtbesichtigung und fahren weiter in den Süden durch Gardola nach Prebione. Von hier aus findet man die Madonna di Montecastello dank guter Beschilderung sehr schnell. Nun darf man entscheiden:
Man stellt das Auto auf dem Parkplatz ab und läuft einen kleinen Pilgerweg, oder man wählt die kleine Auffahrt, die über drei/vier Serpentinen bis hinauf zur Kirche führt. Steigung bis zu 25%. Wir entscheiden uns für die motorisierte Variante und schalten sicherheitshalber die Klimaanlage aus, sodass die ganze Motorkraft auf der Straße landet. Mehr aus Spaß und unbekümmert, als aus echter Besorgnis über zu wenig Motorleistung. Doch genau diese Unbeschwertheit holt uns kurz nach der vorletzten Kehrtwende ein, denn es kommt uns ein Fahrzeug entgegen, dessen Fahrer mit den Gepflogenheiten im Berg nicht vertraut zu sein scheint. Anstatt ganz rechts zu warten, sodass wir passieren können, fährt er weiter und zwingt uns somit zum Halten. Nach dem zweiten Versuch wieder anzufahren qualmen die Reifen vom Durchdrehen. Außerdem stinkt die Kupplung und bettelt um Erlösung. Langsam rollen wir zurück bis in eine flachere Kehrtwende und starten neu durch. Ohne Gegenverkehr bis auf dem Schotterplatz vor der Madonna di Montecastello. Die Luft riecht noch nach geschmortem Gummi und heißer Kupplung, aber die Aussicht ist fantastisch! Und die Überbleibsel unserer selbstgebackenen Pizza vom Vorabend rundet das italienische Flair vollständig ab.
Den Rückweg nach Assenza bestreiten wir unter anderem mit einer Fährfahrt von Toscalano-Maderno nach Torri del Benaco. Da wir es zeitlich geradeso schaffen, die Fähre pünktlich zu erreichen, entfällt ein Bummel durch Maderno. Der Stadt, die das Papier der Bibel herstellte, die Martin Luther als Grundlage für seine Übersetzung verwendete.

Mittlerweile ist es bereits Samstag und wie haben uns für den sechsten Urlaubstag ein wenig Ruhe verschrieben. Da wir dem zusätzlichen Strom von Wochenendausflüglern entgehen möchten, entscheiden wir uns für einen gediegenen Badetag, der jedoch jäh von dunklen Wolken und einem heftigen Gewitter mit Sturmböen beendet wird. Der Temperatursturz um 12°C auf 24°C erlaubt es dem Buch- und Medienblog endlich auf eine erneute Joggingrunde bis Malcésine und retour zu gehen. Wie vermutet haben Starkregen und Wind für eine Aufklärung der diesigen Luft gesorgt, sodass der Blick bis weit in den Süd/Südwesten reicht. Perfektes Wetter, um den Monte Baldo zu erklimmen. Auch die Mitreisenden ahnten bereits, mit welcher Idee ich vom Joggen am Ufer zurückkehren würde und packten bereits eine kleine Ausflugtasche mit Pullovern und Proviant. Durch ein Telefonat mit dem Betreiber der Seilbahn erfahre ich, dass der Betrieb trotz des Sturms „im Moment“ nicht unterbrochen sei.
Die Fahrt zwischen Tal- und Mittelstation verläuft reibungslos. Auf die Anschlussfahrt hinauf auf die Bergstation müssen wir uns jedoch über eine halbe Stunde lang gedulden, da der Betreiber die Bahnen einmal unbesetzt fahren lässt. Dabei sorgen Windböen immer wieder für Unterbrechungen der Leerfahrt. Die schunkelnden Gondeln führen zu einem kollektiv mulmigen Gefühl unter den Wartenden. Trotzdem steigen alle ein und die Seilbahn tritt ohne Unterbrechung die bemannte Bergfahrt an. Informationen zur „Geisterfahrt“ erhielten wir keine. Ich vermute jedoch, dass das Personengewicht an der Mittelstation deutlich höher war, als das Gewicht der Personen an der Bergstation und man mit der Leerfahrt eine künstliche Verzögerung erzeugte, sodass weitere Reisende (Wanderer etc.) von der Bergstation talabwärts fahren würden und ein Gleichgewicht entstehen würde.
Das Warten wird bereits beim Ausstieg mit dem Blick auf die wolkenverhangenen Dolomiten belohnt. Wie ein Seidenschal liegen die Wolken zwischen den Bergen und erzeugen ein tolles Gefühl vom Sein über den Wolken. Wir laufen einige Meter weiter nordwärts einen Schotterweg hinauf, bis sich mit einem Mal der Blick auf den Gardasee lichtet und der Auslöser der Kamera unter Dauerfeuer steht. Hinauf auf die Steine, posieren, klick, klick. Drehung, klick, klick, klick. Es ist eine ganz wundervolle Aussicht, die man vom Kamm des Monte Baldo aus hat.


Kleiner Geheimtipp für Eisliebhaber in Assenza: Die Bar Lido hat montags bis donnerstags von 20-21 Uhr Happy Hour und man bekommt zwei anstatt einer Portion Eis zum Mitnehmen.


Je näher das Urlaubsende näher rückt, desto schneller scheinen die verbleibenden Tage zu vergehen. Am achten Tag fahren wir daher ins 17 km entfernte Torri del Benaco, schlendern durch den kleinen Hafen, schauen uns die Kirche Santi Pietro e Paolo an und setzen uns mit Blick auf den See und die barocke Pfarrkirche auf die Außenterrasse eines Cafés. Auf dem Rückweg besichtigen wir die Skaligerburg, die nach einer Mittagspause ab 16:30 Uhr wieder geöffnet hat. Der darin angelegte Limonengarten sowie mehrere Themenräume zur Fischerei und dem Olivenanbau ergeben ein kleines Museum. Alles zusammen kann für fünf Euro besichtigt werden. Vom Turm des Kastells hat man auch hier eine schöne Aussicht auf den Hafen, den Gardasee sowie auf ufernahen Kalksteine, die – ähnlich wie in Sirmione – türkise Farbakzente setzen.

Wer das Kastell in Torri angeschaut hat, kommt nicht drum herum, auch die größere und besser erhaltene Skaligerburg in Malcésine zu besichtigen. Hier ist der Eintritt gerade einmal einen Euro teurer. Man bekommt ebenfalls verschiedene Themenräume geboten:
Fische und Lebewesen im und um den Gardasee mit abspielbaren Tierstimmen als auditives Erlebnis; einen botanischen Raum mit der Möglichkeit olfaktorischer Riecherlebnisse sowie einen Raum mit Skizzen des Skaligerkastells aus der Feder J. W. Goethes.

„Heute Abend hätte ich können in Verona sein, aber es lag mir noch eine herrliche Naturwirkung an der Seite, ein köstliches Schauspiel, der Gardasee, den wollte ich nicht versäumen, und bin herrlich für meinen Umweg belohnt.“
(Italienische Reise – 12. September 1786)

Auf dem Nachhauseweg legt der Buch- und Medienblog einen Zwischenstopp in Bozen/Südtirol ein. Dort verbrachte er in den Jahren 1995-2009 seine Osterfeste und verbindet die Region daher mit vielen Kindheits- und Jugenderinnerungen. Ein Halt zum Mittagessen auf dem Bozener Waltherplatz ist daher obligatorisch. Und da das Walthers´ neben der traditionellen italienischen Küche auch gluten- und laktosefreie Pizzen sowie Pasta serviert, ist es auch für Allergiegeplagte ein schöner und genussvoller Ort.

Könnte man womöglich eines Tages die 15 Jahre Osterurlaub neu erleben und eine erneute Reise in die schönen Dörfer Südtirols planen?
Kann in der Erinnerung gar der Keim für die nächste Reise liegen?

Reisebericht vom Buch- und Medienblog_Stempel_Reisebericht_Oliver SteinhäuserEin Reisebericht von Oliver W. Steinhäuser


Vorbereitung der Reise durch:
Eberhard Fohrer
Gardasee
ISBN 978-3-95654-201-5