Gedanken zum Welttag des Buches

blogger2015Bücher sind ein wunderbares Medium, um Menschen mit spannenden Geschichten zu unterhalten, sie zusammenzubringen und mit lehrreichen Beiträgen in ihrem persönlichen Reifungsprozess und dem Aufbau moralischen Verständnisses zu unterstützen.
Getreu des Motto des Buch- und Medienblogs „Du siehst, was du liest“ gehe ich heute kurz auf die Verbindung zwischen Büchern ein. Oft befällt mich das Gefühl, innerhalb verschiedener Bücher ein verbindendes Element zu entdecken. Zuletzt geschehen in diesen zwei Titeln:9783843711814_cover 978-3-15-011036-2

Bob Dylans Lied „The Times They Are A-Changin“ verbindet diese beiden Titel. Während der Lektüre zum „Dicken Mann“ maß ich der Erwähnung dieses Songs keinerlei Bedeutung zu. Doch als ich genau dieses Lied gestern in „Blood on Snow – Das Versteck“ wiederentdeckte, war wieder einmal eine Verbindung geschaffen.  Man könnte meinen, dass die beiden Werke nicht viel gemeinsam haben. Doch bei genauerer Betrachtung fällt das verbindende Thema wie Schuppen von den Augen: Moral
Während David Edmons in „Würden Sie den dicken Mann töten“ über moralische Aspekte unserer Gesellschaft spricht, und ob man ein Menschenleben beenden darf, um das Vieler zu retten, steht der Protagonist in Jos Nesbos „Blood on Snow – Das Versteck“ in immer wiederkehrenden Moraldilemmata.

Viele Blogger verschenken heute Bücher. Körperlich. Der Buch- und Medienblog entschied sich dazu Gedanken zu verschenken und dazu anzuregen, sich über moralische Fragen auszutauschen:

Wie würdest du dich entscheiden?

Wie würdest du dich entscheiden?

Darf ich die Entscheidung treffen, ob ein Mensch oder fünf Menschen sterben? Oder muss ich gar Handeln und die Weiche so umstellen, dass der geringste Schaden eintritt? Also bewusst das Mittel anwenden, das durch meine Entscheidung einen Menschen sterben lässt?

Ich wünsche einen schönen Tag des Buches!
Oliver W. Steinhäuser

 

Lesebericht zu „Der Räuberbräutigam“ von Eudora Welty

Eudora Welty_Der Raeuberbraeutigam, Blog, Buch, Oliver SteinhäuserDrei Männer treffen auf der Suche nach einem Schlafplatz in einem Wirtshaus aufeinander. Während zwei der Männer um einen Schlafplatz suchen, hegt der Dritte ein Verbrechen. Er hat es auf das Vermögen des Pflanzers Clemens Musgrove und des Räuberhäuptlings Jamie Lockhart abgesehen.
Nur der Kühnheit des Jamie Lockhart hat der naive Clemens sein Leben zu verdanken, denn dieser wittert bereits die ausgehende Gefahr und bringt ihn und sich selbst in Sicherheit. Zu Hause angekommen erzählt Clemens seiner zweiten Frau Salome sowie seiner Tochter Rosamond (aus erster Ehe), welch ehrenwerten Mann er auf seiner Reise kennen gelernt hat und dass er eben diesen zum Dank in den kommenden Tagen zu Besuch erwartet.
In der Hoffnung die gehasste Stieftochter Rosamond loszuwerden, schickt Salome sie wiederkehrend zum hintersten Waldrand, um dort die besten Kräuter zum Kochen zu suchen. Dort, so hofft sie, reißt sie ein wildes Tier oder entführt sie ein Indianerstamm. Es dauert nicht lange, da wird das Mädchen von einem Räuber ihrer sämtlichen Kleider beraubt – von keinem geringeren als dem ehrenwerten Jamie Lockhart. Doch als dieser einige Tage daraufhin im Hause Musgrove zu Gast ist, erkennen er und Rosamond sich nicht. Denn er trägt keine Räubertarnung mehr und das Mädchen ist vom Arbeiten im Haushalt von oben bis unten verdreckt. Gemeinsam wird beschlossen, dass Lockhart Rosamonds Peiniger aufspüren soll. Als das Mädchen eines Tages wieder im Wald Kräuter sammeln muss, trifft sie erneut auf ihren Räuber und beginnt mit ihm ein gemeinsames Leben. Ohne über dessen Doppelleben zu wissen.

„Der Räuberbräutigam“ ist ein modernes Märchen, das auf typisch fabelhaften Elementen aufbaut. Merkmale sind etwa sprechende Tiere, notorische Lügner sowie ausufernde Naivität. Diese Zügellosigkeit dient allein dem Zweck, seinen Lesern eine Lehre zu sein und ihnen die Gefahren der Welt begreiflich zu machen. Dazu gehört auch das Reflektieren des eigenen Verhaltens. Etwa begegnen dem aufmerksamen Leser die als „sieben Todsünden“ bekannten schweren Sünden des Katechismus der katholischen Kirche:
Superbia, Avaritia, Luxuria, Ira, Gula, Invidia und Acedia (Hochmut, Geiz, Wollust, Zorn, Völlerei, Neid und Faulheit).
Hinter dem Deckmantel des Märchens erzählt Welty mit einer erbarmungslosen Neutralität von Mord, Menschenraub, sexuellen Übergriffen und Überfällen, als seien es Ereignisse ohne jedwede Auslösung menschlich-seelischen Gefühls. Zwischen Zeitsprüngen erheblichen Ausmaßes, Vorenthaltung prägender Geschehnisse sowie dem plötzlichen Verschwinden und unerwarteten Wiederauftauchen von Charakteren gleitet der Leser in ein poetisch-bildhaftes Märchen gleich der Impressionen, die uns die Welten der Gebrüder Grimm bereits in frühen Kindheitstagen prägten.

Eudora Welty
Der Räuberbräutigam
ISBN: 978-3-608-96028-0