Teil 2 des Reiseberichts vom Comer See (Teil 1 finden Sie hier)
Reisezeit: August
Nach einem ausflugslosen Badetag stehen wir am sechsten Tag in aller Frühe auf. Ein nächtliches Gewitter mit Regen sorgte für einen Temperatursturz auf 21°C am Morgen und bietet damit die Grundlage für eine Wanderung.
Der Plan: Como – Standseilbahn nach Brunate – Leuchtturm Voltario – Wandern nach Torno – Fährfahrt zurück nach Como
Doch: Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt.
Kurz nach dem Berufsverkehr fahren wir zunächst nach Como und parken am Hafen, keine 500 Meter von der Funicolare nach Brunate. Zu dieser frühen Stunde sind kaum Touristen unterwegs und wir können ohne Wartezeit mit der Standseilbahn hinauf fahren. In Brunate angekommen wenden wir uns nach links (in Bezug mit Blick hinunter nach Como), um zum ausgeschilderten Panoramablick auf Como zu gelangen. Ab hier läuft der Buch-.und Medienblog mit der Wanderkraxe zunächst zurück zur Funicolare und dann weiter zum Leuchtturm Faro Voltiano, errichtet in Gedenken an Alessandro Volta, Erfinder der Batterie und Mitbegründer der Elektrizitätslehre. Ein steiler und mit 16 Kilogramm Gepäck recht beschwerlicher Fußweg (Via Mulattiera per S. Maurizio) führt die etwa 200 Höhenmeter auf zwei Kilometern hinauf. Oben angekommen, bin ich froh, endlich die Kraxe ausziehen zu können. Es wird schnell klar, dass wir auf die Wanderung nach Torno verzichten, obwohl wir uns bereits Wochen zuvor darauf gefreut hatten. Die letzte Kraft setzen wir in die Besteigung des Leuchtturms, bevor wir ins Ortzentrum zurückkehren und mit der Standseilbahn zurück nach Como fahren.
Nach dieser Tortur gönnen wir uns Ruhe, verbringen drei Tage am Wasser und in unserer Unterkunft, schlendern hin- und wieder durch Bellagio und genießen bei leckerem Eis den Blick auf das lebhafte Treiben im Hafen.
Im Kapitel „Von Lecco nach Bellagio“ des Reisebuchs „Comer See“ erhalten Badefreunde die Information zu guten Bademöglichkeiten um den Ort Onno. Voller Euphorie vergessen wir, was wir im Kapitel „Unterwegs am Comer See“ (S.59) gelernt haben: Gerade die Wochenenden im August sind nicht nur von Touristen überlaufen, sondern gerade von etlichen Großfamilien aus den Städten Bergamo, Mailand sowie dem nahen Tessin. Die Badeplätze um Onno dürften vor allem auch durch Einwohner aus Lecco stark frequentiert sein. Und so kommt es, dass unser sonntäglicher Badeausflug nach Onno zum Reinfall wird. Autos stehen dicht an dicht an jeder noch so kleinen Haltemöglichkeit und darüber hinaus. Wabernd ziehen die Rauchschwaden der unzähligen Grills über die Uferstraße. Entschlossen drehen wir um und fahren zurück zu unserer kleinen Badestelle nach Limonta, denn bis hier hin schlängeln sich keine Wochenendausflügler.
Mit vollen Reserven geht es an Tag Nummer zehn mit dem PKW hinunter nach Lecco, entlang des Ostufers hinauf nach Varenna. Hier lohnt sich der etwa halbstündige Aufstieg zum Castello di Vezio, welches das Reisebuch des Michael Müller Verlags zu Recht als Empfehlung auf einer ganzen und besonders betonten Seite führt. Die auf dem Gelände der Burgruine drapierten, aus Pappmaché geformten Geisterfiguren in Gewändern, ergeben ein unglaublich tolles und mystisches Bild mit dem historischen Gemäuer und dem See als Kulisse.
Nach einer Brotzeit mit Blick auf den Comer See, das mittig in den See ragende Bellagio sowie Menaggio am Westufer, laufen wir zurück zum Auto und setzen unseren Ausflug fort. Die vorangeschrittene Mittagsstunde bringt auch die Wärme mit sich, sodass wir der kühlen Luft der Klamm Orrido di Bellano in Bellano entgegenstreben. Innerhalb von zehn Minuten sind wir von Varenna bis Bellano gefahren und parken auf dem Parkplatz vor der Kirche Chiesa dei Santi Nazaro E Celso. Dieser Parkplatz ist auch mit „L’Orrido“ an der Hauptstraße des Ortes ausgeschildert, fällt mit seinen ca. 15 Parkplätze jedoch spärlich aus. Die kleine Klamm ist durch Stege erschlossen und bietet am oberen Ende eine kleine parkähnliche Anlage mit Sitzbänken. Gerade mit kleinen Kindern eine tolle und ungefährliche Abwechslung.
ACHTUNG: Der Orrido bietet keine weitere Wandermöglichkeit wie etwa die Breitachklamm oder Starzlachklamm im Allgäu. In zehn Minuten ist hier alles gesehen und die Fotos geschossen.
- Castello di Vezio
- Castello di Vezio
Bevor wir den letzten Tag zum Sonnen- und Wasserbaden nutzen, führt unser Weg nach Bergamo. Nicht gerade günstig – dafür sicher – parken wir unseren PKW in der Tiefgarage „Piazza Libertà“. In nur fünf Minuten sind wir bis zur Standseilbahn Funicolare Città Alta gelaufen, die uns in wenigen Minuten hinauf in die Altstadt Bergamos zieht. Schon nach wenigen Metern schlendern wir über den zentralen Platz Piazza Vecchia, den wir durch die drei Bögen des Palazzo della Ragione wieder verlassen, um die unglaublich schöne Fassade der Cappella Colleoni zu bestaunen. Die Eindrücke, die man umgeben von den Gebäuden sammelt, sind schwer mit Fotografien festzuhalten. Die Cappella Colleoni, die daran anschließende Basilica die Santa Maria Maggiore, der Dom Bergamos und der Palazzo della Ragione. Alles so wunderschön beisammen, dass wir auf den Treppen der Cappella unser Vesper auspacken und die Aura auf uns wirken lassen.
- Altstadt Bergamo
- Standseilbahn zur Altstadt Bergamo
- Blick auf die Altstadt von Bergamo
Unsere Abreise vom Comer See nach zwei Wochen treten wir nach dem Frühstück an, fahren bis Lecco und von dort über die vierspurige SS36 am Comer See hinauf, vorbei am Lago di Mezzola nach Chiavenna. Den zweiläufigen Wasserfall Cascata dell’Acquafraggia wollen wir uns auf keinen Fall entgehen lassen, nehmen dafür sogar den zeitintensiveren Heimweg über den Julierpass in Kauf. Nach einem Mittagsessen auf den grünen Wiesen am Fuße des Wasserfalls treten wir nun endgültig die Rückreise nach Stuttgart an.
Für wen sich der Comer See als Reisedestination eignet:
Je öfter ich über unsere Erfahrungen am Comer See berichte, desto klarer zeichnet sich ein Bild, für welche Zielgruppe der See geeignet ist. Der Spaßfaktor steigert sich mit hoher Wahrscheinlichkeit, wenn man mit selbstständigen Kindern oder gar ohne sie reist. Dann fallen die fehlenden Gehwege weniger stark ins Gewicht. Auch das Befahren des Sees mit Personenfähren stellt ohne die Mitnahme eines Kinderwagens, Wickelrücksacks, Bauchtrage etc. überhaupt keine Schwierigkeit dar.
Wir sind froh, den Comer See bereist zu haben, wissen allerdings auch, dass wir frühestens zurückkehren, sobald der Nachwuchs über sechs Jahre alt und somit deutlich eigenständiger ist. Denn dann steht der Weiterentdeckung per Schiff inklusive häufigem Umsteigen nichts mehr im Wege.
Ein Reisebericht von Oliver W. Steinhäuser
Vorbereitung der Reise durch:
Eberhard Fohrer
Comer See
ISBN 978-3-95654-133-9